Bisher haben es nur Tourenberichte aus den Alpen auf diesen Blog geschafft. Dabei könnte der Eindruck entstehen, dass ich zumindest mal in der Nähe zu den hohen Bergen wohne. Speziell beim Tourenbericht zu mehr als 3.000, bzw. mehr als 4.400 Höhenmetern an einem Tag habe ich einige Nachrichten dazu erhalten, dass es ja wirklich beeindruckend sei, dass ich konditionell dazu in der Lage bin, obwohl ich gar keine Trainingsmöglichkeiten zuhause hätte.
Richtig ist: Ich wohne in Nordrhein-Westfalen. Bis an den Alpenrand sind es knapp 600 Kilometer und mindestens 5-6 Stunden Fahrzeit, wenn alles gut geht. Und bei NRW denkt gewiss kein Alpenbewohner an Berge oder Wintersport. Dennoch wohne ich im Hochsauerland in einem sehr schönen und touristisch stark erschlossenen Mittelgebirge, welches quasi alle Möglichkeiten, die es in den Alpen hat, ebenfalls bietet. Allerdings entsprechend in Miniatur. Auf 843m Höhe ist am Langenberg auf dem Dach von NRW Schluss. Dieses kann ich von meinem zuhause auf 450m Höhe auch beim Lauf in der Mittagspause erreichen.
Egal ob Trailrunning, Mountainbike, Rennrad, Gleitschirmfliegen oder Wandern. Das alles geht. Soweit nicht unüblich fürs Mittelgebirge. Sportklettern geht in freigegebenen Steinbrüchen. Ohne den DAV gäbe es in unserem Bundesland inzwischen allerdings keinerlei Möglichkeiten mehr. Direkt vor meiner Haustür (Bruchhausen an den Steinen) stehen 4 große Felsmonolithen bester Felsqualität, an denen noch alte Haken von Dülfer vorzufinden sind. Bis zu 92m hohe, senkrechte bis überhängende Felsen. Einst das bedeutsamste Klettergebiet Norddeutschlands. Seit 1990 allerdings aus „Naturschutzgründen“ gesperrt. Ich liebe die Bruchhauser Steine, gleichzeitig ist es traurig beim Blick aus dem Fenster auf ein ideales Klettergebiet zu blicken, bei dem keinerlei Kompromisse gefunden werden konnten. Was im Sauerland nicht wirklich geht ist richtiges Bergsteigen. Abgesehen von den alpinen Routen an den Bruchhauser Steinen (die aufgrund der Kürze allerdings kein „richtiges“ Bergsteigen wären, jedoch sehr gut darauf vorbereiten würden) gibt es in einem Mittelgebirge nunmal keine alpinen Berggestalten. Nach entsprechend langen Kälteperioden gibt es aber durchaus die Möglichkeit in fantastischen Steinbrüchen Eisklettern zu gehen. Das war diese Saison allerings gar nicht möglich und im Coronawinter 20/21 nur an einem Wochenende der Fall. Infos dazu kennen nur die Locals.
Aber zunächst zum Winter. In meiner Region direkt zwischen den bekannten Wintersportorten Winterberg und Willingen (bekannt u.a. von der Bobbahn und dem Skispringen) liegen einige Skigebiete (meist in Höhenlagen zwischen 600 und 840m Höhe). In Winterberg befindet sich die stärkste (bzw. ggf. zweitstärkste) Beschneiungsanlage der Welt im modernsten Skigebiet Deutschlands mit zahlreichen Sesselbahnen (darunter zahlreiche 6er und 8er-Sesselbahnen). Trotz oft sehr durchwachsenen Wintern schafft man hier in der Regel mehr als 100-120 Saisontage. In einer guten Saison sind auch mehr als 150 Saisontage drin. Zuletzt wurde dafür aber massiv aufgerüstet. Neben Schneekanonen in einer Dichte, die ein Alpenbewohner niemals zuvor gesehen hat (vergesst Ischgl und Co.) sind inzwischen auch Snowmaker vertreten, die lange Tauwetterphasen überbrücken und somit das Geschäft, welches vom riesigen Einzugsgebiet an Gästen aus dem Ruhrgebiet und den Niederlanden lebt, absichern.
Während ich früher noch sehr regelmäßig mit Saisonkarte in den Alpinskigebieten unterwegs war, bin ich inzwischen fast nur noch auf Tourenski oder mit Langlaufski unterwegs. Ideal als Vorbereitung für lange Tourentage in den Alpen. Bei guter Schneelage sind zahlreiche Loipenkilometer gespurt. Und auch in Mildwintern wie dem vergangenen kamen dadurch zumindest in den „Höchstlagen“ auf etwa 800m Höhe zahlreiche Tage auf der Loipe zusammen.
Wenn auf der Loipe nichts vernünftiges geht oder frischer Neuschnee die Tourenski sinnvoller erscheinen lässt gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, je nach Schneefallgrenze.
Als Beispiel sei das vergangene Aprilwochenende beschrieben. Zugegeben: Ganz üblich ist ein solch winterliches Wochenende bei uns im April nicht. Andererseits gab es in den vergangenen Jahren immer wieder kurze Spätwintereinbrüche im April. Im vergangenen Jahr 2021 sogar noch um einiges intensiver als dieses Jahr.
Falls sich der ein oder andere Alpenbesucher oder -bewohner zu diesem Beitrag verirrt hat wird er gewiss an der ein oder anderen Stelle den Kopf geschüttelt haben. Auf- und Abfellen alle 250 Höhenmeter? Höchster Berg auf 843m?
Nun, das Sauerland ist und bleibt ein Mittelgebirge. Gewusst wie kann man aber auch hier einiges rausholen und sich ideal auf die langen Tourentage in den Alpen vorbereiten. Voraussetzung dafür ist an manchen Tagen bedingungslose Leidenschaft. Dieses April-Wochenende reihte sich für mich persönlich dennoch zu den vielen schönen Wintersportwochenenden, die ich im März vorrangig in den Alpen verbracht habe, ein.
Echte Heimatliebe, auch wenn einen der Gedanke an einen Umzug in die Alpen wohl niemals so ganz loslassen wird.