Nachdem das vorangehende Wochenende bereits ideal vorlegte ließen Wetter- und Schneeverhältnisse mir keine andere Wahl. Von daher ging es erneut ins Allgäu.
In den Tannheimern war ich inzwischen schon oft. Meist zum Klettern an Hochwiesler, Gimpel und Roter Flüh. Im vergangenen Dezember bin ich das gesamte Tal von Nesselwängle, über Vilsalpsee bis Oberjoch und zurück mit Ski über die Loipen gelaufen. Ebenfalls ein sehr schönes Tagesprogramm. Zum Skitour gehen war ich hier bislang allerdings noch nicht unterwegs, obwohl im Führer zahlreiche Touren aufgeführt werden, die sehr regelmäßig begangen werden. Einzeln waren die für mich aber jeweils nicht attraktiv genug (eher etwas für Durchreise oder Feierabendtour, nicht jedoch tagesfüllend bei derart stabilen Verhältnissen).
Schon daheim wurde der Allgäuführer gewälzt und in Kombination mit Alpenvereinaktiv und Google Earth, sowie meiner bisherigen Ortskenntnis aus der schneefreien Zeit eine grobe Strecke geplant, die möglichst das gesamte Tannheimer Tal südseitig durchqueren sollte. Gleichzeitig wäre ein Abbruch quasi jederzeit möglich gewesen, weil man bei Bedarf einfach nach Norden das jeweilige Tal herausfährt.
Und so begann ein langer Skitourentag um 5:17 Uhr am leeren Parkplatz der Seilbahn in Schattwald. Nach Lösen des Parktickets beginnt der Aufstieg direkt über die Skipiste. So macht man in kurzer Zeit einige Höhenmeter.
Die Abfahrt vom Iseler runter schaut im ersten Sonnenlicht großartig aus, lässt sich allerdings beschissen fahren. Stark angetaut von den Vortagen, teilweise Büßerschneeartig und natürlich unregelmäßig zerpflügt sind Südhänge zur frühen Zeit noch bockhart gefroren und dementsprechend ganz sicher kein Abfahrtsvergnügen. Macht aber nichts. Die tagesfüllende Tour zielt darauf ab, die idealen Verhältnisse später an einem anderen Südhang zu erwischen.
Runter geht es also zunächst zum Stuibensattel. Ab dort dann endlich auch wieder vernünftig fahrbarer Schnee weiter bis zum Schlepplift. Wieder Auffellen und dann über den üblichen (nordseitigen) Anstieg durchs Güntle vorbei an der Mittleren Stuibenalpe in Richtung Ponten.
Kurz zuvor waren 2 Skitournegeher die ersten, die heute in den Hang einfuhren. Neben mir machte sich ein Paar bereit für die Abfahrt. Ich hatte wohl den Eindruck erweckt die Abfahrt zum Vilsalpsee wäre ein spontaner Entschluss gewesen, weil ich dort 2 andere hab abfahren sehen. Dementsprechend wurde ich kritisch befragt, ob ich denn wüsste, wo es dort überhaupt lang geht usw. Dass ich kein Einheimischer bin hört man am fehlenden Dialekt schnell ;-). Andererseits beschäftigen sich wohl die wenigsten so intensiv mit ihrer Tourenplanung, wie ich es für diesen Tag getan habe. Gemeinsam fahren wir zu Dritt nacheinander in den Hang ein.
12:52 Stunden sind seit dem Start am Morgen vergangen. Es ist inzwischen nach 18 Uhr und ich bin froh noch den vorletzten Bus um 18:38 von Nesselwängle zurück nach Schattwald nehmen zu können.
Ein sehr langer Skitag und eine abwechslungsreiche Durchquerung der Tannheimer an einem Tag. Damit die Tour gelingen konnte musste einiges passen: Schneelage, Lawinenlage, Wetter, Kondition, nicht zu warme Tage und nicht zuletzt die passende Tageszeitlänge. Das alles zusammen zu bekommen ist vermutlich gar nicht so einfach. Der März ist wohl der mit Abstand aussichtsreichste Monat für ein solches Vorhaben. Die Tage sind inzwischen schon lang und nähern sich der Tag-Nacht-Gleiche an. Schnee ist ausreichend vorhanden und auch die südseitigen Abfahrten sind noch vernünftig mit Schnee bedeckt. Nach langer Schönwetterphase und Lawinenwarnstufe 1 (ganztags, über alle Höhenstufen) kommt man auch zeitlich nicht in Bedrängnis. Später im Jahr werden die Trageabschnitte länger und auch die tageszeitliche Erwärmung kann zum Problem werden. Egal ob aus lawinentechnischer Sicht oder schlichtweg deshalb, weil die Anstiege im tiefen Sulz wieder deutlich mühsamer werden.
An diesem Tag hat jedoch einfach alles gepasst. So wie ich es mir im besten Fall erhofft hatte. Ansonsten auch hier noch mal der Hinweis, dass die Tour auch in Abschnitten schon sehr lohnend ist und zwischendurch fast immer sehr gut abgebrochen werden kann (dann einfach nach Norden ins Tannheimer Tal rausfahren).
Noch logischer wäre der Start der Tour möglicherweise ab Oberjoch und dann über Iseler statt Kühgundkopf. Ich hatte mich dagegen entschieden, da ich auf dem Iseler schon war, dem Kühgundkopf noch nicht und außerdem, weil ich vorab in die Busfahrpläne geschaut hatte und wusste, dass zu später Tageszeit kein Bus mehr bis Oberjoch zurückfährt. Abends ist in Schattwald Ende. Wäre sich also auch nicht ausgegangen.
Für mich selbst war die Tour jedenfalls ein herausragendes Erlebnis. Viele verschiedene Eindrücke, zahlreiche Gipfel, nie auf dem Aufstiegsweg abfahren müssen. Traumhaftes Wetter und auch die schönsten Abfahrtsmomente des Winters am Gaishorn. Am Ende des Tages macht sich zudem ein Glücksgefühl breit, welches mir bestätigt, dass es sich lohnt im Winter (oft mit Stirnlampe in Dunkelheit) auch vor der Arbeit zahlreiche Meter auf den Ski zu sammeln, während die Kollegen noch schlafen. Zudem ist es die tiefe Dankbarkeit, überhaupt in der Lage zu sein, solche langen Touren gesundheitlich und konditionell erleben zu dürfen.
4 Kommentare zu „12.03.2022 – Skitour Tannheimer-Tal-Express“