12.08.2023 – Muttlerkopf, Öfnerspitze, Krottenspitze, Hornbachspitze (III), Großer Krottenkopf Nordgrat (III), Jöchlespitze

Ein „ganzes“ Wochenende bei stabilem Wetter. Das gab es diesen Sommer gefühlt nur selten. Und obwohl ich diesen Juli 3 Wochen lang (erst beim Lehrgang zum Trainer B Hochtouren in Chamonix und anschließend bei weiteren Touren mit Bergpartner in den Westalpen) wenig Glück mit Wetter und Verhältnissen hatte würden eigentlich noch ein paar Berichte ausstehen. Aber zu dieser Tour sind die Erinnerungen noch ganz frisch.

Es mag nach Klagen auf hohem Niveau klingen: Ein paar Tage vorher zeichnete sich ab, dass die ursprünglichen Pläne mit Freundin am Wochenende wegfallen würden. Gleichzeitig stabiles Wetter in den Alpen. Bevor ich alleine zuhause rumhänge muss ich das eigentlich nutzen. Lust auf die Fahrt ins Allgäu habe ich trotzdem irgendwie nicht. Auch wenn ich das Allgäu gerne als meine Hausberge in zweiter Reihe bezeichne. 600km sind es trotzdem jedes Mal mindestens. Pro Strecke… Das passt auch wenig dazu, dass ich wenige Wochen zuvor in Chamonix noch ins Jammern kam, dass wir mit unserem Verhalten das Zerbröseln vieler Hochtouren noch weiter beschleunigen, während ich Zeuge davon werde, dass etliche Touren bereits das zeitliche gesegnet haben und es an allen Ecken und Enden munter vor sich hin poltert, weil der Permafrost das Kartenhaus zusammenbrechen lässt. Hört sich dramatisch an und daheim sind solche Gedanken relativ schnell wieder vergessen.

Nun aber zur eigentlichen Tour. Kurzfristig ergab sich, dass Sven sich anschließen mag. Das verkürzt die Anfahrt zeitlich zumindest gefühlt schon mal um einiges. Und da wir zeitnah sowieso noch eine Woche im Wallis geplant haben auch vernünftig um sich als Seilschaft schon mal einzugehen.

Am Freitagabend im Lechtal angekommen übernachten wir diskret neben dem Auto ein paar Fahrminuten vor dem eigentlichen Ausgangspunkt in Holzgau.

Um 5:30 Uhr erstrahlt in Holzgau zunächst nur die Dorfkirche. In der Dämmerung können wir gerade passend ohne Stirnlampe am Parkplatz starten (3€ Parkgebühr pro Tag).
Zunächst geht es einigermaßen flach über Forstwege am Wasser entlang. Wer Räder dabei hat kann diesen Abschnitt an sich auch hinaufradeln und die Tour noch etwas verkürzen.
Auf der Südseite des Lechtals tauchen die ersten Gipfel in die aufgehende Sonne ein.
Recht markant zeigt sich auch die Holzgauer Wetterspitze. Die Skitour dort hinauf ist hier im Blog beschrieben.
Das eigentliche Highlight des Tages im Profil. Der Nordgrat des großen Krottenkopfs. An sich hatte ich schon letztes Jahr mit der Tour geliebäugelt. Nachdem ich zuvor aber die Überschreitung von Hermannskarturm und -spitze, sowie Marchspitze hinter mir hatte und die beiden ersteren mich doch etwas überrascht und gefordert hatten (siehe Bericht im Blog) beließ ich es dabei. Wohlwissend, dass ich nochmal wiederkommen werde.
Wasserarmut gibt es im Allgäu selten. Auf den Karten war reichlich Wasser eingezeichnet. Mein Wasserfilter quittiert den Dienst, etwas weiter oben kann aber auch direkt an der Quelle (auf dem Weg zum Muttlerkopf) aufgefüllt werden.
Der erste Gipfel des Tages ist erreicht. Bis hierher einfache Wanderung. Wir sind früh genug dran und haben den Gipfel etwas nach 8 Uhr noch für uns. Von dem Trubel der nahegelegenen Kemptner Hütte ist noch nichts zu spüren.
Wunderschönes Allgäu. Mit Blick auf Kratzer und recht zentral dem Dreigestirn aus Hochfrottspitze, Mädelegabel und Trettachspitze. Auch dort sind richtig tolle Touren möglich (teilweise im Blog beschrieben). Die Trettachspitze ist schon etwas her aber bisher bei mir als schönste Tour im Allgäu verankert.
Die Kemptner Hütte unten am E5 gelegen. Großer Palast mit reichlich Kapazität. Umso schöner, dass wir vom Trubel nichts mitbekommen.
Der Anblick kann was! Der Krottenspitzgrat zählt zu den längsten Grattouren im Allgäu. Heute gehen wir zwar auch noch auf die Krottenspitze rechts im Bild, allerdings auch von rechter Seite kommend. Zum Grat aber später mehr.
Vom Muttlerkopf folgen wir dem Gratrücken in Richtung Osten. Die beiden Gipfel am Horizont sind die nächsten Ziele (Öfnerspitze rechts, Krottenspitze links davon).
Beim Blick nach rechts sticht der Nordgrat vom großen Krottenkopf direkt und immer wieder ins Auge.
Wir verlassen nun die Wanderwege und folgen teilweise leichten Pfadspuren nach Osten. Alle 3 Gipfel im Bild werden heute noch kombiniert.
Treffen tun wir heute niemanden. Lediglich der Steinbock hier läuft uns voraus und veranlasst uns dazu die Helme vorsichtshalber mal aus dem Rucksack hervorzuholen.
Öfnerspitze.
Im Auswahlführer von Kristian Rath wird empfohlen nicht direkt von der Muttlerspitze aus zum Joch abzusteigen sondern schon vorab, unterhalb durch die Flanke zu queren. Besonders schwierig erscheint uns der etwa 10m hohe Abbruch allerdings nicht. II+ evtl.? Für uns die logische Linie.
Weiterweg hinauf zur Öfnerspitze.
Widererwarten sind einige Markierungen vorhanden. Teilweise halten wir uns etwas mehr am Grat, um ein paar Kraxelmeter mehr mitzunehmen.
Immer wieder der Krottenkopf.
Der je nach Perspektive im Hintergrund auch mächtig steil erscheint. Hier waren wir übrigens etwas zu weit weg von den Markierungen. Wer nicht unbedingt möchte kommte verhältnismäßig einfach (im Vergleich zum Rest der Tagestour) hinauf zum Gipfel.
Blick rüber zur Krottenspitze.
Gipfel Nr. 2. Öfnerspitze. Brotzeit.
Anschließend wird nördlich abgeklettert. Das Gestein ist dabei etwas alpiner und nicht immer fest. Schaut hier aber auch wilder aus als es letztlich ist. Bisher jedoch die anspruchsvollste Passage der Tour. Und die bleibt es auch, wenn man nach der Krottenspitze wieder absteigt.
Schaut nach Altschnee aus, ist aber gerade mal ein paar Tage alt und inzwischen wohl schon wieder Geschichte. Das Wochenende zuvor gab es in höheren Lagen eine gute Portion Neuschnee.
3. Gipfel. Krottenspitze.
Mein persönlicher Held! Krottenspitzgrat vor der Arbeit. Dabei beneiden mich die meisten schon um meine eigene „Work-Life-Balance“, bei der ich vor der Arbeit auch gerne längere Läufe, Skilanglaufrunden oder Trainingshöhenmeter auf den Tourenski im Sauerland absolviere. Ein Krottenspitzgrat vor der Arbeit wäre aber auch bei mir nicht drin. Respekt vor dieser zügigen Leistung! Später habe ich noch nach dem Verfasser geschaut und bin dabei auf seinen Eintrag bei Outdooractive (wohl auch der Arbeitgeber, der das so entsprechend ermöglicht hat) gestoßen. Denn im Gipfelbuch entdecken wir fast nur Einträge vom Krottenspitzgrat. Reizt uns auch noch. Auch wenn ich noch immer schwer einordnen kann, wie brüchig der Grat denn nun wohl sein soll. Ausführlich beschrieben wird der längste Allgäuer Grat übrigens auch im Blog von Kristian: https://freieberge.wordpress.com/2016/08/02/krottenspitzen-der-laengste-allgaeuer-grat/

Am langen Grat wurden von ihm wohl einige wenige Standplätze und ganz vereinzelt Zwischenhaken gebohrt. Aber da gingen die Meinungen wohl auseinander. Ich bin immer beeindruckt, dass es einerseits Menschen gibt, die die Mühe auf sich nehmen und Material zum Einbohren mit raufnehmen (obwohl sie selbst das aufgrund des eigenen persönlichen Könnens eigentlich gar nicht bräuchten) und das es andererseits Menschen gibt, die sich dann die Mühe machen diese wieder zu entfernen. Bei uns in NRW schaut das etwas anders aus. Da wurden die Haken in der Vergangenheit wohl immer nur dann entfernt, wenn vermeintliche Naturschützer den Kletterern ein weiteres Stück Felsheimat weggenommen hatten. Meine Heimatfelsen (Bruchhauser Steine) wurden auch in der aktuellen Berg und Steigen im Artikel zu den frischen Sperrungen im Battert hochgeworfen. Im Vergleich dazu kommt mir das was am Krottenspitzgrat passiert relativ absurd vor, auch wenn ich die Motivationen beider Seiten verstehe.

Von der Krottenspitze steigen wir zunächst zurück zur Scharte ab. Die Öfnerspitze (bzw. den Gipfel davon) lassen wir diesmal links liegen und folgen wenigen Steinmännern durch die Nordwestflanke. Spart ein paar Höhenmeter Umweg.
Der Abstieg ins Öfnerkar ist wenig angenehm. Ich bin ganz froh meine Stöcke dabei zu haben. Ansonsten Schotter unterschiedlicher Güte.
Weiter in Richtung Hermannskarscharte. Links steht die Hornpachspitze, rechts der Große Krottenkopf.
Hinauf in die Scharte hält man sich am besten möglichst weit links an den Felsen. Ansonsten ist es recht mühsam im Schotter hinauf. Eine kurze Kraxelpassage im Fels und man steht in der Hermannskarscharte.
Einer der besten Blogs mit zahlreichen Tourenberichten rund ums Allgäu ist zweifelsohne auch der von „Festivaltour.de“. Dort war ich auch über die Hornbachspitze gestolpert. Wenn wir eh schon mal dort sind? Warum nicht mitnehmen. Von der Scharte zweigen wir nach links ab. Die Wegfindung des geringsten Widerstands ergibt sich entlang eines Bands, welches nach rechts quert recht offensichtlich. Sicherlich ein Gipfel, der selten Besuch erhält. Ausführlicher Bericht ist hier zu finden: http://www.festivaltour.de/forum/thema/hornbachspitze-2-533m-aus-hermannskarscharte-gro%C3%9Fer-krottenkopf-nordgrat-2-656m.1865/
Ein paar schöne Passagen auch hier. Stellenweise bis III. Dementsprechend schon deutlich anspruchsvoller als die Gipfel zuvor.
Viel logischer wäre eigentlich die Linie von der Öfnerspitze aus hier rüber gewesen anstatt ins Öfnerkar abzusteigen. Sah von oben auch machbar aus. Von dieser Seite hingegen kaum. Wenn dann wohl nur mit schweren Passagen und/oder Abseilen verbunden. Berichte dazu habe ich keine gefunden.
Vom Gipfel geht es also auf gleichem Weg zurück. So erhält man auch Einblick in die letzte Eisrinne des Allgäus. Nordseitig gut versteckt vor neugierigen Blicken.
Der Hochvogel grüßt hinüber.
Und auch die Marchspitze thront als formschöne Pyramide nebenan. Der Südgrat kommt von rechts hinauf (im Blog beschrieben).
Und ist auch in Kombination mit Hermannskarturm und -spitze (rechts davor) gut möglich. Das hatte ich letztes Jahr allerdings etwas unterschätzt und war froh noch unterwegs eine Tourenbeschreibung auf festivaltour.de gefunden zu haben. Das war auch der Tag, wo ich im Anschluss eigentlich schon damals den Nordgrat am großen Krottenkopf dranhängen wollte, dann aber eigentlich genug vom Tag hatte.
Der Anblick des Nordgrats schaut jedenfalls recht respektabel aus. Alleine wäre mir sicherlich etwas mulmig. Zu zweit fühlt man sich deutlich wohler, auch wenn es ohne Seil eigentlich kaum einen Unterschied macht. Ziemlich wild schaut aus dieser Perspektive auch das Band (rechts der Bildmitte) aus, welches nach rechts rüber in die Westflanke gequert wird.
Zunächst aber erstmal vorsichtig runter zurück in die Scharte.
Entgegen meiner erwarteten Prognose ziehen etwas nördlich von uns ein paar Regentropfen durch.
Das Bild lässt sich wohl nur einordnen, wenn man selbst vor Ort war. Im Hintergrund sieht man von Bildmitte nach rechts oben die Route zur Hornbachspitze über das Band. Wir sind bereits mitten am Nordgrat zum Krottenkopf unterwegs, auf genau dem Band, welches von der Gegenseite noch sehr wild aussah. Ausgesetzt ist es tatsächlich. Am Ende wäre ein Schlaghaken vorhanden, der aber wohl auch nur selten genutzt wird. Die meisten dürften den Grat seilfrei gehen. Der III. Grad muss dabei sitzen.
Ganz so lange Beine hat der Kollege in Wirklichkeit nicht (Weitwinkel ;-)). Die Orientierung hat uns keine Probleme bereitet. Das lag aber sicher auch daran, dass ich mir vorher ein paar Berichte durchgelesen hatte. Ansonsten ist hier sicher auch Potenzial für Verhauer. Vor ein paar Jahren hätte ich mit Sicherheit einige davon mitgenommen und mich mehr als nötig gefürchtet. Inzwischen zahlt sich Erfahrung aus. Solange man auf der richtigen Route bleibt ist die Felsqualität nämlich meist sehr gut. Zu weit in die Flanke ausweichen sollte man nicht. Die Schlüsselstelle beginnt mit einem Spreizschritt von einem kurzen Absatz aus. Leichte Speckspuren weisen die Richtung, wobei wir hier auch kurz weiter geschaut haben.
Ziemlich steil für einen Dreier. Bei der Felsqualität allerdings eine weitere Genusspassage.
Klar wird hier aber auch, dass der III. Grad seilfrei sicher beherrscht werden muss.
Gipfel Nr. 5. Am Großen Krottenkopf treffen wir heute das erste Mal auf Menschen. Dafür direkt einige, die teilweise erstaunt sind wo wir herkommen und, ob es es dort auch einen Weg gäbe. Am höchsten Gipfel der Allgäuer Alpen nehmen wir uns Zeit für eine lange und ausführliche Brotzeit und genießen unser Leben. Ein feines!
Ein paar Tropfen und dunklere Wolken treiben uns dann aber doch ins Tal. Welch ein Kontrast auf dem Weg zur Jöchlespitze!
Aus Holzgau schallt Blasmusik hinauf. Das hätte ich auch zuhause am heimischen Schützenfest dieses Wochenende haben können.
Wenn man den ersten Abschnitt nicht mit dem Rad zurückgelegt hat empfiehlt sich der Abstieg über die Jöchelspitze sehr. Saftig grüne Wiesen, schöne Waldabschnitte und letztlich viel Wald- und Wiesenidylle runter ins Lechtal.
Und auch etwas für urige Seilbahnfans mit Kurvenschlepper, der aber wohl schons eit den 70ern oder 80ern sein Betriebsleben hinter sich hat.
Zurück in Holzgau.

In Summe durften wir heute auf 6 Gipfeln stehen. Die lange Anfahrt vom Vortag ist vergessen. Die Zweifel, ob sich der Aufwand lohnt wieder einmal widerlegt. Der Gedanke, ob ich mich nicht doch mal dauerhaft im Süden niederlassen sollte hingegen nicht. Ganz im Gegenteil. Wie sehr sind all diejenigen zu beneiden, die Traumtage wie diese ganz ohne Anfahrtsstress genießen können. Wer weiß was die Zukunft bringt…

Erstaunt bin ich jedenfalls davon, dass wir auf der Tour selbst niemanden getroffen haben (trotz Samstag und Schönwetter) und erst am Krottenkopf einigen Wanderern begegnet sind. Und das obwohl die Tour am Nordgrat sogar ein Pause-Klassiker ist. Irgendwie wirkt auch das Lechtal viel harmonischer und ruhiger als wenn man von Oberstdorf her kommt. Dort trifft man auf mehr Touristentrubel und die Parkautomaten hätten sicherlich auch gieriger zugelangt. In Summe ist die Tour sehr abwechslungsreich und das Publikum, für welches sie in Frage kommt wohl doch recht überschaubar. Für alldiejenigen, die sich im III. Grad seilfrei wohlfühlen sicherlich eine Traumtour, beid er man selbst je nach Belieben entscheiden kann, wie viele Gipfel man mitnehmen möchte. Wer besonders fit ist könnte auch noch darüber nachdenken Hermannskarspitze- und turm, sowie Marchspitze dranzuhängen. Möglichkeiten gibt es genügend.

Nachdem der Nordgrat nun von meiner Wunschliste in die Ecke sehr schöner Erinnerungen verschoben wurde ist der Krottenspitzgrat nachgerückt.

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